Georg Kafka - Oskar kam ins seltSAMland

Oskar wird eines Tages von Soldaten abgeholt, seinen Eltern weggenommen und in einen Zug voll mit anderen Menschen gepfercht. Sein neues Zuhause wird ein Schloss, in dem er unter anderem auf Wendelin trifft, einen Winzling, dem Erdbeeren auf seinem Bauch kleben. Marie, die Schlossherrin, gibt Oskar seinen neuen Namen „Sam“, weil sie ihn so seltSAM findet.  Als Sam und Wendelin auf ein Portal im Zaun stoßen, das sie in aberwitzige Welten bringt, geraten sie in ein rasantes Abenteuer, in dem sie vor einem Angstmonster fliehen, Emma befreien und sich dadurch immer tiefer im Wirrwarr der fantastischen Welten verlaufen. Es scheint nicht sicher, den Weg nach Hause zu finden, da jemand aus der Gruppe mit reiner Gedankenkraft immer wieder neue Hindernisse erschafft. Noch weiß aber keiner der Abenteurer von der überraschenden Wendung, auf die sie unausweichlich zusteuern.

Wird Sam den Weg nach Hause finden? Hilf ihm zu entdecken, was wirklich hinter all den seltSAMkeiten steckt und tritt eine bildundwortbezaubernde Reise ins Abenteuerland der Vorstellungskraft an!

KAPITEL 1 - Einsamtleitung

Diese Geschichte handelt von Oskar und von Sam. Oskar möchte am liebsten davonlaufen. Seine Familie behandelt ihn nicht, wie eine Familie einen Sohn behandeln sollte, aber im Grunde wusste Oskar gar nicht, wie eine Familie einen Sohn behandeln sollte, aber Oskar wusste, dass es sich bestimmt nicht so anfühlen sollte, wie es sich bei seiner Familie anfühlte. Eigentlich wollte er nur glücklich sein, obwohl er nicht wusste, wie Glücklichkeit sich anfühlt. Eigentlich wollte er nur fröhlich sein, obwohl er nicht wusste, wie sich Fröhlichkeit anfühlt. Eigentlich wollte er nur all das, was er sich nicht leisten konnte. Oskar war ein furchtbar armer Junge. Ihm fehlte eine Schulter, ihm fehlte ein Herz, ihm fehlte alles, was ein kleiner Junge braucht in seinem Leben. Er war nur so kurz auf dieser Welt und genauso kurz war auch die Liste an Dingen, die er in seinem Leben schätzte. Es war eigentlich nichts, außer ein paar Bücher, die unter seinem Bett lagen. Manche stopfte er unter seine Matratze, manche waren so zerrissen, weil er sie tagein tagaus in den Fingern hatte. Sein Lieblingsbuch war eindeutig Alice im Wunderland. Oskar mochte es, in einem anderen Land zu sein und oft träumte er davon, Alice zu sein und zu fliegen und zu wachsen und zu schrumpfen und zu laufen und eine Menge merkwürdiger Wesen kennenzulernen. Oskar liebte es, in einer anderen Welt zu sein. Und so träumte er den ganzen Tag davon, woanders zu sein, woanders zu atmen und woanders aufzuwachen, um nie wieder nach Hause zurückkehren zu müssen. 

Draußen vor seinem Fenster waren in letzter Zeit immer wieder Schüsse zu hören, die bis tief in seine Traumwelt eindrangen und ihn erinnerten, dass es weit außerhalb auch noch Menschen und Wesen gab, die ihm nichts Gutes tun möchten. Die Soldaten kamen vor seiner Tür immer näher. Die Soldaten in seiner Welt kamen immer näher. Sie trabten und pfauchten und sahen den Soldaten außen zum Verwechseln ähnlich. Aber in Oskars Welt waren Soldaten nichts Furchtbares. Oskar hatte sie gerufen, ohne seine Eltern zu wecken. Sie holten ihn und steckten ihn in den Zug.

 

Den Zug, der sein Leben, seinen Namen, sein Herz für immer verändern sollte.


KAPITEL 5 - Erdbeeren mit Erdbeermarmelade

Pünktlichst und noch vor Sonnenaufgang schnellten Sams Augenlider hoch. Er schlief zwar wie ein Toter, aber seine Neugierde war in Windeseile wieder da, als er sich an die gestrigen Ereignisse erinnerte. Da war die Frau mit den wunderschönen Lippen, die Dame mit den weißen Handschuhen, die sich über die mühsame Arbeit mit dem Luster beschwerte und da war diese Tür, diese winzig kleine Tür unter Sams Bett. Sam setzte sich auf und betrachtete sein Zimmer. Er drehte seinen Kopf, sodass er nun jeden Winkel wahrnehmen konnte. Er kannte ja schon die roten, schweren Vorhänge vor den deckenhohen Fenstern und die Teppiche am Boden, die alles Licht und Sams Schritte zu schlucken versucht hatten. Er kannte auch die Tür unter sich, an der Wand, aus der ein Licht schimmerte. Sam zog sich die weiße Decke von seinem aufgeregten Körper und hing mit seiner rechten Hand sofort am hinteren Bettpfosten. Er drehte sich nochmals um und starrte in die Stille des Zimmers, um sich zu vergewissern, dass ihn niemand beobachtete und dann drehte er das Spiralholz. Es klickte und das Bett fuhr um 90 Grad nach rechts. Diesmal erschrak Sam nicht mehr so wie gestern, aber unwohl war ihm aufgrund des fahrenden Bettes doch noch ein wenig, ganz besonders am Morgen, er hatte ja noch überhaupt nichts gefrühstückt. Aber fürs Essen war jetzt gar keine Zeit. Er hatte Wichtigeres zu tun als essen. Sam war sowieso gespannt, was es in einem so riesigen Schloss zu essen gab. Er dachte dabei an Kaviar auf Brötchen und Ente auf Silbertellern, an Champagner in Kristallgläsern und fünfstockwerkhohe Torten, die Sam mit einer glitzernden Silbergabel verschlang. Doch Sam schüttelte seine Gedanken ab und konzentrierte sich auf die Tür in seiner Wand. Er kletterte aus dem Bett und betrachtete sie fürsorglich. Es war eine gebogene Tür, oben rundlich, als hätten die Handwerker einen Halbkreis aus der Wand geschnitten. Die beiden Linien des Halbkreises verliefen schnurstracks parallel in den Boden. An der rechten Seite, mittig, war der runde, kreisförmige Türknauf angebracht. Es erforderte bestimmt großes handwerkliches Geschick, so zierliche Knäufe zu tischlern und sie dann auch noch an diese winzige Tür zu montieren. Hier musste Sam wahrlich die Arbeit eines Meistertischlers vor Augen haben. »Oder«, so kam es ihm in den Sinn, »jemand, der winzig klein war, schnitzte hier eine Tür samt Knauf in die Wand. Ein winzig kleiner Tischler.«

Sam lehnte mit seinem Kinn auf seinem am Boden liegenden Arm und seine Nase fixierte die Tür vor seinen Augen. Er war noch zehn Zentimeter von ihr entfernt und konnte die Aufregung kaum noch ertragen. Er nahm seinen Daumen und Zeigefinger und drehte den Türknauf langsam nach rechts, bis die Tür einen Spalt aufschwang. Wieder drang Sam ein helles Licht entgegen und blendete seine noch verschlafenen Augen. Er musste mehrere Male blinzeln, um sich an die neue Situation zu gewöhnen und er musste an die Scheinwerfer denken, die ihn am Bahnhof abholten, als er nach der langen, anstrengenden Zugfahrt endlich empfangen wurde. Sam legte sein Ohr auf den Boden und sein rechtes Auge blickte nun vorsichtig ins Innere der Tür. Mit dem Zeigefinger der linken Hand schob Sam die Tür langsam weiter auf und er traute seinen Augen kaum. Hinter der Wand, hinter dieser winzigen Tür kam eine Sonne zum Vorschein. Sie schien gerade aufzugehen. Sie verließ einen Berg vor sich und setzte ihren Weg Richtung Himmel fort. Der Berg unter der Sonne sah aus, als hätte er einen Hut aus Zuckerguss. Zuckerguss hatte Sam schon lange nicht mehr gegessen. Er war selten geworden in seinem Zuhause damals. Aber nun hatte er ja ein neues Zuhause und hier fehlte es nicht einmal an Zuckerguss. Als Sam seine Augen auf den Zuckerberg fixierte, wandelte plötzlich ein kleiner Schatten von rechts nach links über den Berg. Sam sah sich auf beiden Seiten um, konnte aber nichts erblicken. Schließlich wendete er seine Augen gegen die Sonne und tatsächlich, hier schien ein winzig kleiner Vogel seine Runden am Himmel zu drehen. Er verschwand mehrere Male in den dunkelweißen Wolken, kam wieder zum Vorschein, flog direkt auf die Sonne zu und ließ sich dann kurz davor wieder in Richtung Boden fallen. Der Vogel erzeugte mit seinem beeindruckenden Flug einen wundervollen Schatten auf dem Berg. Sam sah trotzdem verwundert weiter zu, obwohl ihm etwas seltsam vorkam. Die Sonne ging hinter dem Zuckerberg auf und der Vogel flog vor der Sonne, vor dem Berg und warf seinen Schatten aber auf den Berg. Hier war etwas wirklich seltsam. »Vielleicht«, grübelte er, »war an der Innenseite seiner Zimmerwand ja noch eine Sonne, die wie ein Nachtlicht in Richtung des Berges leuchtete?« Natürlich würde das den Schatten des Vogels erklären, aber eigentlich müssten die anmutigen Bewegungen des Vogels natürlich auch einen Schatten nach vorne werfen. Es war total seltsam, aber Sam konnte das Rätsel nicht allein durch Nachdenken lösen. Er beließ es einfach dabei und beobachtete weiter. Vielleicht würde er das Geheimnis an einem späteren Zeitpunkt ja lösen können. Sam lenkte seinen Blick nach unten und es schien, als sprudelte am Fuße des Berges Wasser aus einer Quelle. Aus der Wand des Zuckerberges sprudelte frisches, klares, hellblaues Wasser. Sam spürte den Durst in sich und hätte so gerne seine Hände, seine Füße in das Nass getaucht, sich abgekühlt und ein wenig davon getrunken. Die Quelle verwandelte sich in einen kleinen Bach und der setzte seinen Weg in Richtung Sam fort. Er wand sich durch die Landschaft, durch Felder und Äcker, durch einen dunklen Wald mit Laubbäumen und Nadelbäumen und mündete zur Rechten Sams schließlich in einen prächtigen Wasserfall. Sam legte sein linkes Ohr ganz dicht an die Tür und konnte ein leises Donnern vernehmen. Es war das Donnern des Wasserfalls. Unmengen an schwerem Wasser rauschten hier rechts in die Tiefe. Sam setzte sein Ohr wieder von der Wand und überließ dem Auge wieder die Fahrt durch das neuentdeckte Land. Er fühlte sich wie Kolumbus bei der Entdeckung Amerikas, obwohl Kolumbus genau genommen ja Amerika nicht entdeckt hatte und auch Sam entdeckte dieses neue Land streng genommen gar nicht, da die Frau mit den wunderschönen Lippen ja schon zumindest davon wusste und wer weiß, vielleicht sogar auch die Dame mit den weißen Handschuhen. Sam formte seine Hände zu einem Fernrohr und lenkte von rechts nach links und dann wieder von links nach rechts. Etwas Sonderbares fiel in seinen Entdeckerblick. Der Wald, durch den der kleine Bach floss, war dicht und schien beinahe undurchdringlich. Die Bäume darin waren manchmal gebogen, manchmal gerade wie ein Zahnstocher, manchmal zeigte einer schief nach links und so mancher zeigte nach rechts auf den Berg mit der Zuckerhaube. Manche Bäume wirkten wie Schranken an einem Bahnübergang oder einer Mautstelle, wenn man die Grenze in ein anderes Land überschreiten wollte. Der Wald sagte Sam mit all seinen krummen und schiefen und geraden Bäumen, dass hier der Eintritt nur sehr schwer möglich ist. Aber wie sollte Sam denn überhaupt in den Wald eintreten? Er wollte es gerne und seine Füße schabten im Hintergrund an den Holzdielen, aber es war unmöglich durch das Loch in der Wand zu kriechen. Das Loch war annähernd so groß wie seine Backe, Sam konnte nicht mal seine Hände durch das Loch stecken, so klein war der Durchgang. Sams Eltern wollten von ihm immer, dass er größer und stärker und klüger und schneller wurde. Und erreichte er dieses Ziel nicht in Windeseile, wurden Vater und Mutter sehr traurig und dann wurde auch Oskar traurig und nun wurde auch Sam traurig, da es hier in dieser Situation überhaupt nicht darum ging, größer und stärker zu werden, nein, hier regierte Minimalismus. Je kleiner Sam werden konnte, umso besser. Er wünschte sich einen Zauberspruch, den er aussprach und an Ort und Stelle schrumpfte, damit er vom Zuckerguss des Berges naschen konnte, aus dem Bach trinken und sich den Zugang zum Wald versperren lassen konnte. Er könnte ein Baumhaus bauen, Nächte darin verbringen, ein Floß bauen und den Bach entlang schippern, bis er zum tosenden Wasserfall kam. Dort würde er absteigen, ans Ufer schwimmen, zum Wald zurückeilen und nochmals ein Floß bauen, nur um wieder den Bach hinunter zu schippern. Nachdem der Bach den Wald passierte, verwandelte er sich allmählich in einen Fluss und dann in einen reißenden Strom. Überall ragten Felsblöcke aus dem Wasser und Verwirbelungen an der Oberfläche des Wassers waren zu sehen. Sam müsste sein Floß schon sehr stabil bauen, um bis ans Ende des Flusses zu gelangen, wollte er ja nicht, dass sein Holzboot an den Felsblöcken zerschellte. 

Aber all das konnte Sam nicht. Er war riesengroß im Vergleich zu der winzigen Tür in seiner Wand, zu den winzigen Bäumen, zu dem winzigen Berg mit dem Zuckerhut, dem winzigen Vogel, der um ihn kreiste und dem winzigen Wasserfall, der in Sams Ohr tobte. Sam schloss seine Augen und legte seinen Kopf mit einem Ohr auf den schweren Holzboden vor der Wand. Er war traurig geworden. Er hatte die Erinnerung an seine Eltern im Kopf und vor sich eine Welt, die er nicht erreichen konnte. Er musste zusehen, wie alles passierte. Er musste immer zusehen, wie alles passierte. Seine Eltern sagten ihm, was zu tun sei, wie er sein müsse und was er erreichen müsse und sie sagten ihm auch, was er nicht sein sollte und nicht machen sollte und nicht denken sollte und schon gar nicht reden sollte. Er musste immer zusehen, was passiert. Auch als Sam damals von den Soldaten abgeholt wurde, musste er zusehen, wie sich seine Eltern versteckten, wie die Soldaten ihn dann alleine nach draußen zerrten und in den Zug beförderten. Er saß dort auf dem Eimer in der Ecke und zum ersten Mal in seinem Leben interessierte sich jemand für ihn. Der alte Mann nahm Anteil an Sams Schicksal und redete tatsächlich mit ihm. »Muss ich denn in eine traurige, schlimme Situation gebracht werden, muss ich sie körperlich spüren in mir, um wahrgenommen zu werden?«, schluchzte Sam vor sich hin. Er versuchte sich nie Traurigkeit anmerken zu lassen, aber davon war jetzt keine Spur mehr. Er musste sein Leben lang immer tun, was seine Eltern sagten, er hatte kein Mitspracherecht und in der schlimmsten, düstersten, angsteinflößendsten Situation seines Lebens, dort im Zug, der von einem grimmigen Soldaten bewacht wurde, ja, dort interessierte sich plötzlich jemand für ihn? Das klang in Sams Ohren furchtbar deprimierend und enttäuschend. Auch hier musste er aber zusehen, wie sich der Zug bewegte. Er konnte nicht nach vorne zum Lokführer und ihm befehlen, hier mal links und da mal rechts abzubiegen. Nein, der Zug fuhr entlang des bestimmten, festgelegten Gleises. Nichts und niemand konnte ihn von seinem Weg abhalten. Sam war Passagier. Genau wie er auch zu Hause bei seinen Eltern immer Passagier war. Sam war nur Zuschauer in seinem Leben. Und auch hier vor  der Wand, im Land des Zuckerberges war Sam nur Zuschauer. Er wischte seine Tränen zur Seite und sie blieben noch lange auf den Holzdielen liegen, bevor Sam sich aufrichtete und abermals durch die winzige Tür blickte. Er hatte in sich den Drang, etwas zu verändern. Er wollte jetzt sofort Einfluss nehmen, einmal in seinem Leben selbst entscheiden, was zu tun war. Also grübelte Sam und grübelte und grübelte noch mehr. Der Vogel zog seine Kreise rund um den Berg, warf seinen seltsamen Schatten immer nur in eine Richtung. Der Wald bog sich und der Fluss rauschte den Wasserfall hinab. Die Felder schwiegen, als würden sie Sams Grübeln beobachten und Sam schwieg, als würde er das Beobachten der Felder beobachten. Es war schon eine sehr seltsame Situation. Sam fand eine winzige Tür, hinter der ein winziger Berg mit Zuckerguss auf ihn wartete, der Vogel, der winzige Wald, der Bach und der winzige Wasserfall. Es war eigentlich absurd und Sam musste sich durch Blinzeln immer wieder davon überzeugen, ob er nicht doch träumte. Aber es war kein Traum. Sam blickte der Realität entgegen. Es gab außerhalb seiner Welt noch eine andere Welt, in der alles winzig klein war. Hier ging es nicht darum, größer und stärker und höher zu sein oder zu werden. Hier ging es um Kleinheit. Und je mehr Sam darüber nachdachte und die Szene hinter der Wand betrachtete, umso mehr zauberte ihm jener Moment ein Lächeln ins Gesicht. Seine Mundwinkel zogen sich zur Seite und weit hoch in sein erstauntes Gesicht. Er musste laut lachen und atmete tief durch.

Sein Atem verließ seine Lungen und seinen Mund und setzte seinen Weg durch die kleine Tür in der Wand fort. Sam hatte nicht bedacht, was er damit anstellte und so bog sich der Wald heftig unter der Last von Sams Atemzug. Als würde ein Tornado über das winzige Land brausen, durch die Felder, den gebogenen Wald bis hin zum Zuckerberg. Der anmutige Vogel mit dem seltsamen Schatten schwirrte verwirrt durch die Luft und konnte sich nur mehr mit Mühe fangen. Sam hielt sich schnell den Mund mit beiden Händen zu und drückte fest darauf. »Was mache ich denn da? Ich entdecke eine unbeschreiblich winzige, kostbare, neue Welt und hätte sie beinahe schon wieder zerstört«, murmelte Sam durch seine Hände. Er nahm sich ab jetzt vor, nicht mehr so unbedacht und unaufmerksam durch die Welt zu schlendern oder eben nicht mehr so unbedacht und unaufmerksam am Boden seines Zimmers zu liegen, durch die winzige Tür ins winzige Land zu blicken und nicht mehr so unbedacht und unaufmerksam auszuatmen. Er konzentrierte sich auf seine Atmung und spürte, wie sich sein Bauch und sein Brustkorb bei jeder Atembewegung hoben und senkten. Sam glich diese Bewegung seines Körpers mit dem Kopf aus, damit der Blick durch die Tür nicht verwackelt wurde. Der Sturm in der winzigen Welt hatte sich allmählich gelegt, als Sam die Türe schließen wollte, da er schon genug Unfug angestellt hatte für heute. Doch etwas blockierte die winzige Tür. Sam zog daran, zog sie zu sich her, aber sie fiel nicht ins Schloss. Sam öffnete die Tür schnell wieder und plötzlich machte es einen lauten »Rumps«. Der Rumps verursachte einen völligen Stillstand der neuen Welt. Der Vogel stand still am Himmel, es war kein Schatten mehr zu sehen. Der Wald wehte nicht mehr, er stand still. Alle Bäume zeigten kerzengerade Richtung Himmel und der Fluss hörte auf zu fließen. Ja sogar der Wasserfall erstarrte. Sam dachte zu sehen, dass er vielleicht sogar rückwärts, flussaufwärts lief, damit jeder Wassertropfen auch sehen konnte, woher der Rumps kam. Eine seltsame Stille lag jetzt über der neuen Welt und Sam. 

»Bist du irre, Mann?«, schrie eine grelle Stimme in Sams Ohr. »Du hättest mich fast umgebracht! Zuerst pustest du fast den Zucker vom Berg und dann knallst du mir auch noch die Eingangstür an den Kopf! Was stimmt denn mit dir nicht? Ich hoffe, du hast einen guten Therapeuten bei der Hand, weil normal ist das nicht ganz!«

Nein, normal war das alles wirklich nicht ganz. Jemand sprach zu Sam und Sam lauschte gespannt. Innerlich zitterte er, sein Körper wollte sich überhaupt nicht mehr beruhigen. Sam nahm allen Mut zusammen und stotterte zurück: »Es tut mir furchtbar leid.« Und diese Worte fielen ihm sehr schwer, obwohl Sam sie in seinem Leben unzählige Male aufgesagt hatte. Immer, wenn seine Eltern unzufrieden mit ihm waren, er etwas gemacht hatte, was ihnen nicht passte, was so ziemlich alles miteinschloss, was Kinder eben so tun, den ganzen lieben Tag lang, dann sagte er immer »Es tut mir leid«. Er musste sich sein Leben lang dafür entschuldigen, dass ihn seine Eltern nicht so mochten, wie er war und für die Dinge, die er tat. Aber hier nun fiel ihm das Entschuldigen schwer, weil ein tiefes Zittern auf seiner Stimme lag. Sam musste sich natürlich auch konzentrieren, damit er nicht wieder einen Orkan in die neue Welt schickte vor Aufregung. 

»Entschuldigung angenommen«, kam es aus der Tür. »Wir haben schon alle sehnlichst auf dich gewartet, aber dass du uns dann mit so einem Knall überraschst, das ist doch schon etwas außergewöhnlich. Ich hoffe nicht, dass du mich jetzt jeden Tag so weckst. Das würde mein Herz bestimmt nicht auf Dauer verkraften. Noch dazu fehlt es in unserer Welt an gut ausgebildeten Psychologen, die meinen Kopf wieder freikriegen können, wenn du mich jetzt jeden Tag aufs Neue mit deinen Launen strapazierst.« Die Stimme klang sehr hoch und grell, ein wenig wie sich Sam Mäuschen beim Plaudern übers Wetter oder das Abendessen vorstellte. Aber Sam schwieg und folgte der Stimme weiter. »Ich möchte mich vorstellen. Mein Name ist Kleinöd. Wendelin Kleinöd. Ich bin sehr erfreut, dich kennenzulernen, Sam«, keuchte die Stimme, während sich ein kleiner, aber doch älterer Mann in Sams Augenblick drängte. Er klopfte sich den Staub von den Ärmeln seines langen Mantels, zog ihn aus, schwang ihn einmal über seinem Kopf und zog ihn wieder an. Unter dem Mantel konnte Sam eine winzige Unterhose sehen, auf die lauter kleine Erdbeeren gezeichnet waren. Ein dicker Bauch drückte auf die Früchte und es schien, als würde Wendelin Kleinöd etwas Erdbeermarmelade an der Unterseite seines dicken Bauches kleben. 

»Woher weißt du, wie ich heiße?«, flüsterte Sam mit angezogenem Atem. 

»Jeder weiß, wie du heißt. Wir haben schließlich lange auf dich gewartet. Wir haben den Berg mit einem Zuckerhut versehen, wir haben die Sonnen an den Himmel geklebt, ein Loch in den Berg gebohrt, damit das Wasser heraussprudeln kann, wir haben die Felsen am anderen Ende der Welt gesprengt, um diesen wunderschönen Wasserfall zu schaffen, wir haben die Bäume in alle Richtungen gedreht und eine winzig kleine Tür in deine Wand getischlert, weil wir wussten, dass du irgendwann kommst. Wir haben diese Welt für dich vorbereitet. Ich hoffe, sie gefällt dir auch. Es wäre relativ schwer, noch etwas zu ändern. Wenn du mir aber sagst, welche Kleinigkeiten dich stören, werde ich mein Bestes tun, um es für dich zu ändern.«

»Ich...«

Sam konnte den Satz noch nicht mal richtig beginnen, als die wunderliche Stimme in der Tür fortsetzte: »Du musst mich jetzt aber leider entschuldigen«, und dabei pflückte Wendelin Kleinöd mit seiner rechten Hand eine Erdbeere von seiner Unterhose und tunkte sie in den winzigen See aus Erdbeermarmelade an der Unterseite seines dicken Bauches, »ich muss unbedingt noch Holz hacken. Ich werde in meiner kleinen Hütte erfrieren, wenn ich das nicht gleich zu Beginn des Tages erledige. Wir sehen uns bestimmt später wieder. Wenn du mich brauchst, kannst du einfach an die Tür klopfen und meinen Namen rufen. Aber bitte, Sam, rufen bedeutet in deiner Welt flüstern und nicht einen Orkan mit der Windstärke 23,5 vom Zaun zu brechen. Ich hoffe, du verstehst. Es ist schließlich dein Zuckerhut und dein krummer Wald und dein hoher Wasserfall, den wir dir hier hinter die Wand und direkt in dein Herz gelegt haben. Mach’s gut!« Die Tür knallte ins Schloss zurück und Sam lag in Stille auf den dunklen Holzdielen. Er brauchte einen Moment, um wieder zu Sinnen zu kommen. Sein Körper atmete immer noch sehr schwer, aber sein Kopf wackelte jetzt aufgrund der Bewegung wie verrückt. Sam sprach kein Wort, als er sich aufs Bett setzte, den Spiralbettpfosten drehte und das Bett dabei beobachtete, wie es sich wieder auf seinem angestammten Platz positionierte. Sam war etwas mulmig zumute. Aber andererseits fand er es überragend und natürlich auch ein wenig seltsam. »Wendelin Kleinöd«, wiederholte Sam. Ziemlich ulkiger Name für einen winzigen Mann mit einem dicken Bauch, auf dem sich Erdbeermarmelade befand. Sam fragte sich, wie die Erdbeeren von Wendelin Kleinöds Unterhose schmeckten und ob Wendelin Kleinöd ganz allein in der neuen Welt lebte. Sam überlegte sich auch, wie diese winzige Welt heißen könnte. Sam schwirrten unzählbar viele Fragen durch den Kopf, aber auch sein Magen machte sich bemerkbar. Er knurrte heftig und Sam sprang wie vom Blitz getroffen hoch. Er wollte Wendelin Kleinöd nicht wieder Sorgen bereiten. Was wäre, wenn das Knurren seines Magens ein mittelschweres Erdbeben in der neuen Welt auslösen würde? Das konnte Sam nicht zulassen, weil er diese Welt, obwohl er sie gerade erst kennengelernt hatte, liebte. Er liebte den Gedanken, nicht immer schneller, höher, stärker und größer sein zu müssen. Er liebte den kleinen Berg, den kleinen Wasserfall, den kleinen Zuckerhut, den kleinen, krummen Wald und er fand den winzigen Wendelin Kleinöd wahnsinnig sympathisch. 

Sam putzte sich den Staub vom Körper, schwang sich in den Morgenmantel, der an der Tür hing und trabte mit fröhlicher Miene die Treppen der dunklen Holzstiege hinunter. Dort erwartete ihn bereits die Dame mit den weißen Handschuhen und fragte höflich: »Na, worauf hast du denn Lust? Was kann ich dir zum Frühstück bringen?«

»Erdbeeren«, antwortete Sam. »Erdbeeren mit Erdbeermarmelade.«


KAPITEL 13 - Emmas Insel

Es war eine harte Landung für die drei, doch der Kapitän musste gleich zu Beginn des Abenteuers mitteilen, dass er bestimmt nicht auf die fremde Insel mitkäme. Er habe Angst und wage keinen Schritt weg. Er bleibe auf seinem Schiff, niemals würde er es verlassen. Natürlich war das nur eine Ausrede. Sein Schiff war ein Wrack, nicht mehr funktionstüchtig und keiner wusste so recht, wie sie es wieder schwimmfähig machen sollten. Als Sam und Wendelin ihre Beine auf den Boden der fremden Insel setzten, konnten sie ein klaffendes Loch im Rumpf des Kahns erkennen und wussten gleich, dass sie das Schiff nie wieder schiffstüchtig bekommen würden. Sie winkten dem Kapitän dennoch freundlich zu und wünschten ihm einen angenehmen Aufenthalt dort hoch oben. Sie hofften, dass die Essensvorräte halten würden. Gleichzeitig hieß das aber auch, dass sich Sam und Wendelin auf der Insel nach Trinkwasser und Essbarem umsehen mussten. 

Die ersten Schritte im Sand fielen den beiden sichtlich schwer. Sie stapften wie auf dicken Stelzen durch die einzelnen Sandkörner und es kam ihnen vor, als wäre jedes Sandkorn einen halben Meter groß, als würden sich alle Sandkörner verbünden und wie ein riesiger goldbrauner Hai hinter den beiden her sein. Biss für Biss klaffte hinter Sam und Wendelin das Ungetüm. Wie ein gewaltiger Wirbelsturm in Fischform schlich sich der Sandhai hinter ihnen an. Mit kleinen, schüchternen Blicken zurück entdeckten sie ihn und begannen zu laufen, sie rannten um ihr Leben, denn noch nie war einer von ihnen von einem Sandhai in dieser Größe verfolgt worden. Es gab zwar in Wendelins Welt mehrere Gefahren, aber ein Hai in dieser Größe gehörte definitiv nicht dazu. Nur ein Problem tat sich den beiden auf. Umso schneller sie liefen, umso größere Schritte sie machten, desto weniger kamen sie voran. Je schneller sie nach vorne blickten, desto schneller stapften sie zurück und reichten bald direkt ins Maul des riesenhaften Hais. Der Fischtornado näherte sich und näherte sich und die Sandkörner wirbelten Sams Haare durcheinander und ließen Wendelins Erdbeeren austrocknen. Ungenießbar und grau sanken sie zu Boden und so hinterließen die beiden hinter ihnen eine Erdbeerspur, auf die der Hai natürlich nicht hereinfiel. Er zerstampfte sie mit großem Genuss und krachte Schritt für Schritt auf die Abenteurer zu. Weit vorne ließ der Horizont Palmen erkennen. Zehn Meter hoch und immer höher wurden sie, als sich das Ungetüm näherte. Das Keuchen im Kampf war bis zurück zum Kapitän vernehmbar und dieser beobachtete das Treiben mit Fernglas und gedrücktem Daumen, obwohl er nicht wusste, was es mit diesem gedrückten Daumen auf sich hatte. Der Kapitän machte sich allgemein in seinem Leben nicht wirklich viel Gedanken über solche Zusammenhänge oder woher die Dinge und Wörter und Wirkungen kamen, und nun war es ihm umso mehr egal, woher der Brauch die Daumen zu drücken, stammte. Er bemerkte durch sein hektisch zuckendes Fernglas, dass Sam und Wendelin anscheinend gleich die Waldgrenze erreicht hatten, doch plötzlich krachte es laut, der Hai hielt in der Luft an, er taumelte, drehte sich und fiel wie vom Blitz getroffen in die inzwischen meterlang gewordenen Sandkörner am Strand der unbekannten Insel. Die Druckwelle des Sturzes raste auf die beiden Fliehenden zu, überraschte sie und ließ den Schweiß an ihren Stirnen gefrieren. Das Vorwärts verwandelte sich in ein Aufwärts und die beiden wurden senkrecht in die Luft gewirbelt. Sie drehten sich um ihre eigene Achse und schienen für einen Moment in der Luft zu stehen, sahen sich überrascht an und krachten schließlich im nächsten Atemblick hart und gnadenlos auf den Boden. Der Boden bestand nun nicht mehr aus Sand oder groben Körnern, nein, es war Gras und Wurzelwerk, das die beiden unsanft empfing. Die Wurzeln krallten sich in Sams Oberschenkel und ließen ihn gefangen am Boden jammern. Auch Wendelin bekam es heftig ab, er schrammte mit seinem dicken Bauch gegen mehrere harte Wurzeln und kam erst nach ein paar Metern direkt vor einer Kokospalme zu stehen, welche sich nicht erfreut über den Besucher zeigte und ihn im selben Augenblick von hoch oben mit einer Zuckermelone bewarf.

Etwas schien hier schief zu laufen, dachte sich Wendelin, als er den honigsüßen Saft der Melone über seinem Gesicht und seinen Lippen spürte. Eine Zuckermelone mit Honiggeschmack direkt von einer Kokospalme. Er blickte grimmig zu Sam hinüber, der sich gerade den Sand und Staub von den Sachen klopfte. Der grimmige Blick galt bestimmt Sams Gedanken und warf ihm offensichtlich vor, dass er das alles steuerte und somit auch so seltsame Dinge auf Wendelins Kopf fallen ließ. Sam schüttelte den Kopf und beutelte seine Backen im Wind, bevor er die Schultern zucken ließ, um Wendelins Zweifel auszuräumen. »Ich habe keine Schuld an alldem, Wendelin, es tut mir leid«, hustete er Sand. Im nächsten ruhigen, sprachlosen Moment blickten sie sich an und wussten, in welche Richtung sie weiterziehen mussten. Sie quälte dicker Hunger und fast unstillbarer Durst. Sie mussten zumindest einen See oder einen Bach finden, an dem sie ihren Durst stillen konnten. Als sie das Dickicht aus Kokospalmen und dichten Farnen betraten, übersahen sie die Inschrift im Stamm der ersten Kokospalme, die Wendelin vorhin mit Früchten bewarf. Dort prangte eine Inschrift:

Ziehe oder werd.

Auch wenn die beiden bemerkt hätten, welche Worte sie empfingen und nun unsichtbar begleiten sollten, hätten sie nicht gewusst, worauf sich die Worte bezogen. Noch dazu wären sie bestimmt verunsichert gewesen, wer hier mitten im Ozean Inschriften in Bäume schnitzt. Sie hätten sich womöglich gefürchtet, obwohl hier weit und breit nur Kokospalmen mit Zuckermelonen herumstanden und sich langweilten, es sei denn, zwei erschrockene Grasseepiraten verirrten sich in ihre Nähe. Dann blühten sie vor Schadenfreude auf und bewarfen die kindlichen Eindringlinge mit honigsüßen Zuckerfrüchten. Es kommt nicht von irgendwo, dass sich die Worte Frucht und Furcht so ähnlich sind. Stapf, stapf, stapf und kriech, kriech, kriech trieben die beiden durch den Dschungel, in Gedanken bei einer Machete, die ihnen den Weg bestimmt erleichtern würde. Also verharrte Sam auf der Stelle und blickte in alle Himmelsrichtungen und in alle Zwischenhimmelsrichtungen und in alle zwischen den Zwischenhimmelsrichtungen und den Himmelsrichtungen, auf der Suche nach etwas, das ihnen den Weg erleichtern würde. Sam schrie ins Blätterdach und seufzte, dass er einfach nur eine Machete bräuchte, da er und Wendelin schon dermaßen Durst hatten, dass man die beiden Kehlen bis zurück zum Schiff stauben hörte. Etwas raschelte, etwas gröhlte und Sam hatte sofort wieder Angst, dass sich eine neue Kreatur näherte, doch dann tauchte etwas Anderes zwischen den Blättern auf und ließ wiederum Sonne in den Bäuchen der beiden scheinen. Ein einsames Blatt fiel vom Himmel und tanzte im Wind, dennoch fiel es gerade herab. Schaukel, schaukel, hin und her. Es tanzte direkt auf Sam zu und wurde immer sachter langsam. Es näherte sich seiner Hand und schien kurz zu stehen, kurz zu fallen, kurz zu stehen und dann lag es in Sams Hand. Endlich. Sam wusste, was dies zu bedeuten hatte, obwohl er ziemlich überrascht dreinblickte. Das Blatt begann sich im Kreis zu drehen, wie von einer unsichtbaren Schnur bewegt. Der kleine Kreisel richtete sich auf und begann zu springen, es tänzelte auf Sams Hand und zog sich in die Länge. Immer weiter in die Höhe tänzelte und drehte sich das kleine Blatt und verwandelte sich schließlich in eine blitzende Machete. Grün-blitzend und mindestens einen Meter hoch und lang. Erstarrt und tatenlos gefühlvoll sammelten sich Sam und Wendelin und räumten ab nun alles aus ihrem Weg. Da flogen Hölzer und Stämme und Farne und Gräser und Früchte und alles aus dem Weg. Sie hackten sich einen breiten Pfad mitten durch den Dschungel, bis sie auf etwas stießen, das ihnen den Atem im Mund gefrieren ließ. Sie taumelten und blinzelten und hielten sich aneinander fest, damit sie nicht stürzten. Ihre Zehen überragten einen Abgrund, mindestens 20 Meter tief und befüllt mit tosendem Wasser, Baumstämmen, die darin trieben und einer der süßesten Stimmen, die Sam jemals gehört hatte. Wendelin betrachtete Sam und versuchte, etwas in ihm zu lesen, aber bevor er zu einem Wort oder einer Frage ansetzen konnte, packte Sam ihn am Arm, hielt ihn an seine Brust und tat einen Fuß nach vorne. Die beiden schienen in der Luft zu schweben, kurz bevor es abwärts ging. Wendelin wurde ohnmächtig von den vielen Worten, die ihm gerade einfielen zu Sams Dummheit, einfach zu springen. Niemand wusste, ob Felsen auf die beiden warteten oder wie tief das Wasser da unten wirklich war. Sam war vollständig von Sinnen. Er war berauscht und nicht mehr er selbst, nachdem er diese Stimme von tief unten hörte. Ein paar Sekunden später platschten die Fallenden ins Wasser und schäumten das wilde Gewässer noch zusätzlich auf. Sie tauchten, rissen die Augen weit auf und konnten unzählige Wirbel im Wasser erkennen. Und noch etwas kam ihnen in den Sinn. Besser geschrieben zwei Dinge kamen ihnen auch noch in den Sinn. Es waren Beine. Zwei im Wasser stehende Beine, tief und fest verwurzelt, schlank und leicht. Es waren ihre Beine. Es waren Emmas Beine.